IGRW - Interessensgemeinschaft Ressource Wasser

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Wie kommt der Regen in den Boden?


Versiegelte Flächen werden immer mehr zum Problem für Niederschlagswasser. Sobald kein Regenwasser, Schnee oder Hagel mehr in den Boden eindringen kann, fließen große Wassermassen mehr oder weniger vollständig oberirdisch ab. Aktive Regenwassernutzung im öffentlichen wie privaten Bereich trägt wesentlich dazu bei, Wasserabflüsse aus Siedlungsgebieten nachhaltig zu reduzieren. Die Nutzung von Regenwasser wird in den natürlichen Kreislauf von Verdunstung, Regen und Versickerung integriert.

Versiegelung und ihre Folgen
In Österreich beträgt die Zunahme der versiegelten Flächen seit dem Jahr 1995 rund 40 Prozent. Derzeit sind 16 Prozent des Dauersiedlungsraumes österreichweit versiegelt oder bildlich dargestellt verschwinden rund 20 Fußballfelder tagtäglich unter Asphalt- oder Ziegelflächen. Die Versiegelung von großen Flächen wird zunehmend zum Problem für Niederschlagswasser. Große Wassermassen fließen mehr oder weniger vollständig oberirdisch ab. Starke Regenfälle sind immer wieder Auslöser für die Überlastung von Abwassersystemen, die den heftigen Wasserspitzen kaum standhalten können. Überflutete Keller und Hochwasser beziehungsweise Rückstaus sind die Folge. In der Kanalisation oder zwischen Kanalisation und Gewässer werden in der Regel so genannte Regenrückhalteanlagen errichtet, um einen gleichmäßigeren Abfluss des Wassers zum Vorfluter und eine

 

Dämpfung der Abflussspitzen zu erzielen. Aber auch Kläranlagen geraten angesichts von großen Wassermengen an ihre Grenzen.

 

Versickern – aber richtig
Um den natürlichen Wasserkreislauf nachhaltig zu fördern, soll eine Ableitung der Oberflächenwässer nicht direkt in eine Kanalisation oder in einen Vorfluter erfolgen, sondern über den Boden dem Grundwasserkörper zugeführt werden. Die Versickerung von Regenwässern ist die ökologischste und ökonomischste Variante. Der lokale und regionale Grundwasserhaushalt wird stabilisiert, und die Kanäle und Kläranlagen - wie auch Vorfluter (dezentraler Hochwasserschutz) - werden entlastet. Regenwasserzisternen führen in Kombination mit Versickerung zu einer Retention und damit verbundenen zur Minderung von lokalen Hochwasserspitzen. Die Versickerung muss entsprechend der gegebenen Bodenverhältnisse und Niederschlagsmengen dimensioniert werden. Ein idealer Untergrund sind Schotter, Kies oder Sandböden. Es gibt unterschiedliche Verfahren zur gezielten Versickerung von Niederschlagsgewässer: Flächenversickerung, Muldenversickerung, Mulden-Rigolenversickerung, Rohrversickerung oder Schachtversickerung. Die detaillierten Beschreibungen der einzelnen Versickerungsarten finden Sie bei uns auf diesen Seiten

 

Eine Versickerung von Regenwasser ist nicht immer ohne vorangegangene Reinigung möglich, da durch das Abspülen von bestimmten Flächen eine Schadstoffbelastung auftreten kann. Bei der Entwässerung von Straßen fließt das mit Abschwemmungen von Radantrieb, Bremsstaub etc. angereicherte Regenwasser zumeist einfach seitlich in einen Straßengraben. Vor der Versickerung muss das Wasser daher gegebenenfalls „vorgereinigt“ werden, was beispielsweise eine bakterienreiche Humusschicht erledigen würde. Die Reinigung erfolgt einerseits durch Filterung, anderseits über die in dieser Bodenpassage lebenden Mikroorganismen.

Neue Gesetze
Welche Kriterien und Maßnahmen zum Schutz des eingehalten und umgesetzt werden müssen, regelt die Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft „Qualitätszielverordnung Chemie Grundwasser – QZV Chemie GW“. Dort ist auch festgeschrieben, dass die Reinigung der Niederschlagswässer über natürliche Bodenpassagen zu erfolgen hat. In vielen Bereichen lässt sich diese Vorgabe nicht oder nur schwer realisieren. Lösungen und Lösungsansätze sind gefordert, um die Zielvorgaben des Lebensministeriums zu erreichen. Nur so können sie auch von den Ländern umgesetzt werden. Um diesen Knoten zu lösen ist ein Arbeitskreis im ÖWAV – der Österreichische Wasser und Abfallwirtschaftsverband - derzeit damit beschäftigt, ein Regelblatt zum Thema „Oberflächenentwässerung“ zu erarbeiten. Gleichzeitig wird im Österreichischen Normungsinstitut eine ÖNORM zum Thema Regenwasser-Sickeranlagen ausgearbeitet. Mit dieser ÖNORM und dem Regelblatt sollten die Vorgaben aus der QZV Chemie GW zielsicher umgesetzt werden. Die wasserrechtlichen Vorgaben für die Regenwasserversickerung ergeben sich aus bundes- und landesrechtlichen Regelungen. In den einzelnen Bundesländern gelten daher zum Teil voneinander abweichende Vorgaben für die Regenwasserversickerung.

Dezentrale Versickerung
Bei der so genannten dezentralen Versickerung wird Niederschlagswasser von Dach-, Terrassen- und Hofflächen unmittelbar auf dem Grundstück versickert - und das möglichst naturnah. Ziel ist dabei, das Wasser dort, wo es auf die Erde trifft, wieder dem natürlichen Wasserkreislauf zuzuführen. Je nach persönlichen Vorlieben, der Bodenbeschaffenheit und der vorhandenen Fläche, gibt es nun verschiedene, durchdachte Versickerungssysteme. Das sind zum Beispiel Sickertunnel, Sickerboxen oder Sickerschächte aus Beton, die die Anforderungen nach einem ökologisch sinnvollen Umgang mit Regenwasser ermöglichen. In vielen Fällen ist die Versickerung des Niederschlagswassers die ökologisch und oftmals ökonomisch sinnvollste Möglichkeit, konventionelle Misch- und Trennkanalisationen zu entlasten. Man vermeidet durch die Abkopplung Engpässe im Kanalnetz und reduziert die Notwendigkeit von Regenüberläufen.

Regenwassernutzung als Chance
Die Möglichkeit, für den Konsum vorhandene, natürliche Ressourcen sinnvoll und ohne nachteilige Folgen für die Natur zu gebrauchen, lässt sich mit Regenwasser einfach umsetzen. Niederschlagswasser kann im täglichen Leben erfolgreich und einfach genutzt werden. Das Regenwasser wird über Dachflächen oder versiegelte Flächen in eine unterirdische Regenwasserzisterne aus Kunststoff oder Beton geleitet, gefiltert (gereinigt) und gesammelt. Die ökonomisch wie ökologisch sinnvolle Nutzung von Regenwasser in der Haustechnik verzeichnet in den letzten Jahren einen erfreulichen Aufwärtskurs. Immer mehr Privathaushalte, Unternehmen und öffentliche Einrichtungen haben für sich bereits die Möglichkeit entdeckt, die Toiletten mit Regenwasser zu spülen, Fußballplätze oder Gärten mit Regenwasser zu bewässern. In Schönbrunn beispielsweise wurde unter dem Mittelteil des Palmenhauses ein Kellerbereich für die Haustechnik geschaffen, wo sich auch eine Gießwasseraufbereitungsanlage befindet. In zwei Zisternen (je 120.000 Liter) wird Regenwasser vom Glasdach gesammelt und zum Gießen verwendet. Und auch das „Boutiquehotel Stadthalle“ in Wien sammelt das Regenwasser für die Toilettenspülung und zur Bewässerung des Gartens. In den letzten Jahren ist das Interesse an Anlagen zur Regenwassernutzung in öffentlichen (Service-)Einrichtungen kontinuierlich gestiegen. Die Oberösterreichische Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat im Zuge des Neubaus zahlreiche Maßnahmen zur Förderung von Klima- und Umweltschutz umgesetzt. Mit der Installation einer Regenwassernutzungsanlage ist Rohrbach einen weiteren Schritt in Richtung nachhaltige Zukunft gegangen.

 

Regenwassernutzung ist aus ökologischer und ökonomischer Sicht eine sinnvolle Ressourcennutzung, die den Wasserhaushalt langfristig für Mensch und Natur in Einklang belässt. Anlagentechnik und Produkte zur Regenwassernutzung sind mittlerweile so ausgereift, dass für alle Ansprüche und jeden möglichen Anwendungsbereich geeignete Komponenten zur Verfügung stehen.

Ausblick
Der nachhaltige Umgang mit der Ressource Wasser erfordert neben der Erhaltung und Schaffung von guter Wasserqualität einen ebenso bewussten wie nachhaltigen Umgang mit Niederschlagswasser. Ziel muss sein, die Flächenversiegelung auf ein Mindestmaß zu beschränken, die Regenwassernutzung und Regenwasserversickerung zu forcieren, um die oberflächig abfließenden Wassermengen zu reduzieren und den vorhandenen Grundwasserhaushalt so gering wie nur möglich zu beeinträchtigen. Nachträgliche Lösungen - wie hier am Beispiel der Straßennetze angeführt - gehören zügig in Gesetzen verankert und umgesetzt. Hierfür müssen alle in ihrem jeweiligen Verantwortungsbereich an einem Strang ziehen: Politische Gremien, Verwaltung, Unternehmen und private Haushalte.

 

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